Aktuelles

1. Abgasskandal Diesel-PKW

Der Abgasskandal hat zuletzt Porsche veranlasst, eine Selbstanzeige bei den Behörden zu machen und einen Rückruf für ca. 22.000 Porsche Cayenne vom Typ Cayenne 3 Liter TDI anzuordnen. Außerdem soll ein behördliches Zulassungsverbot für diese Geländewagen erlassen werden.

Damit dürften auf Porsche nicht nur teure Rückrufaktionen, sondern auch mögliche Ansprüche der Kunden auf Rückgabe des PKWs und Erstattung des Kaufpreises oder Neulieferung eines neuen Fahrzeugs zukommen.

Das Landgericht Krefeld hat am 14.09.2016 in 2 Verfahren, die einen Audi betrafen, den PKW-Käufern einen Anspruch auf Rücktritt vom Kaufvertrag und Erstattung des Kaufpreises zugesprochen (Az.: 2 O 72/16 und 2 O 83/16).

Das Landgericht Regensburg hat mit Urteil vom 04.01.2017, Az.: 7 O 967/16, einem PKW-Käufer einen Anspruch auf Neulieferung eines neuen Fahrzeugs aus der aktuellen Serienproduktion zugesprochen. Der Fall betraf einen Seat Alhambra.

Das Landgericht Braunschweig hat der Klage eines Pkw-Käufers auf Rücktritt vom Kaufvertrag betreffend einen Pkw Skoda Fabia stattgegeben. Die Berufung wurde zugelassen, Urteil vom 12.10.2016, Az.: 4 O 202/16.

Es gibt eine Fülle ähnlicher Entscheidungen und auch Entscheidungen von Gerichten, die Ansprüche der Käufer auf Rückabwicklung des Kaufvertrages oder Neulieferung ablehnen, zum Beispiel das LG Bochum am 16.03.2016 in DAR 2016,272.

Arglistige Täuschung durch den Verkäufer bzw. Hersteller haben einige Gerichte bejaht, was nach meiner Meinung auch zutreffend ist, so das LG München vom 14.04.2016, Az.: 23 O 23033/15 und das LG Krefeld vom 14.09.2016 Az.: 2 O 83 /16.

Das Landgericht Köln sieht dies ebenso und hat am 02.03.2017, Az.: 2 O 317/16 auch dem Käufer eines VW mit 2.0 TDI Motor Recht gegeben und den Rücktritt vom Kaufvertrag zugelassen mit Rückzahlung des Kaufpreises an den Käufer.

Weitere Entscheidungen zugunsten der PKW-Käufer:

Landgericht Köln, Urteil vom 18.04.2017, Az.: 4 O 177/16, für Käufer eines VW EOS 2.0 TDI, bestätigt vom OLG Köln in der Berufung Az.: 27 U 13/17 vom 28.05.18, und Landgericht Köln vom 18.05.2017, Az.: 2 O 422/16, für den Käufer eines Audi Q3 2.0 TDI.

Das Problem ist technisch lösbar, dazu war schon 2015 in der „Zeit“ zu lesen:

http://www.zeit.de/mobilitaet/2015-10/abgas-skandal-dieselmotor-stickoxid-reinigung

„Die technische Lösung heißt SCR – ein chemisches Verfahren, bei dem die gesundheitsschädlichen Stickoxide mithilfe von Ammoniak in Stickstoff und Wasserdampf umgewandelt werden. In Kombination mit einem speziellen Speicherkatalysator, der die Stickoxide für kurze Zeit anlagern kann, bietet es mit Abstand den besten Wirkungsgrad bei der Schadstoffentgiftung. "Um die NOx-Grenzwerte wirklich unter allen realen Fahrbedingungen einzuhalten, werden in Zukunft auch Klein- und Kompaktwagen einen zusätzlichen SCR-Katalysator benötigen", meint Reinhard Kolke, Technikchef des ADAC.“

Dazu ist der Tank mit einer Harnstofflösung (AdBlue) erforderlich, die in das Abgas eingespritzt wird, um die gefährlichen Stickoxide zu zersetzen. Der Tank muss ausreichend groß sein, damit die Wirkung auch in vollem Umfang im Realbetrieb eintreten kann und nicht nur im Labormodus. Auch häufiges und bisher sehr teures Nachtanken soll vermieden werden.

Diese Lösung hat die Autoindustrie allerdings mit dem Dieselgipfel vom 02.08.17 gerade nicht gebracht, nur die Software für die Motorsteuerung soll ein Update erhalten. Damit werden die Käufer der mit manipulierter Software versehenen PKWs wahrscheinlich keinen PKW erhalten, der die Grenzwerte für Stickoxid im realen Fahrbetrieb einhalten kann, da hierzu der Katalysator und ein AdBlue Tank erforderlich sind. Ganz abgesehen davon, dass die Auswirkungen der Softwareänderung auf den Motor, Verbrauch und Leistung unsicher sind.

In der Presse wird das Ergebnis des sogenannten "Dieselgipfels" also zu Recht als wirkungsloses Placebo bezeichnet, die PKW-Käufer sollen hingehalten werden, siehe z.B.:

http://www.ksta.de/politik/gipfeltreffen-groesste-rueckrufaktion-der-autobauer-geschichte-28107424

Die PKW-Käufer haben inzwischen im Wesentlichen Klarheit zu ihren Ansprüchen durch die  Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 25.05.20 -Az. VI ZR 252/19- erhalten.

Der Käufer kann zwar Schadensersatz fordern, aber er muss sich für die Nutzung des PKWs den Nutzungsvorteil anrechnen lassen. Das führt in vielen Fällen dazu, dass der Schadensersatz für den Käufer nur gering ausfällt, da die PKW jahrelang genutzt wurden, was zu einem entsprechend hohen Nutzungsvorteil führt. Die Prozesstaktik von VW, das eine Grundsatzentscheidung des BGH durch Einlegen von Berufung/Revision gegen ungünstige Entscheidungen der Instanzgerichte hinauszögerte, wo nötig, durch Vergleiche verhinderte und so die Verfahren verschleppte, war letztlich für VW erfolgreich. 

2. Videobeweis Fußball

Unter Fußballfans gibt es heftige Diskussionen darüber, ob und wann der Videobeweis eingreifen soll. Verursacher dieser Diskussion ist nach meiner Meinung eine unklare Handhabung durch den DFB, der eine recht klare Regel durch Begriffe verwässert, die eine beliebige Auslegung möglich machen. Es scheint so, als kenne der DFB nicht den Vorschlag des International Football Association Board (IFAB).

Die IFAB sieht für die Anwendung des Videobeweises genau 5 Fälle vor: bei Toren, Elfmetern, Roten Karten, Spielerverwechslungen und schwerwiegenden Vorfällen, die übersehen wurden, also bei allen sogenannten spielrelevanten Situationen.

Das ist eine klare nachvollziehbare Regelung.

Man sollte dann meiner Meinung nach ändern/einfügen: bei Toren, bei der Frage, ob der Ball die Torlinie überquert hat und die durch ein unmittelbar zuvor begangenes Foul im Strafraum oder Abseits ermöglicht wurden, bei grobem Foulspiel, das eine rote Karte rechtfertigt und nicht vom Schiedsrichter geahndet wurde. 

Nach den letzten Definitionen des DFB dagegen soll zwischen „subjektiven“ und „faktischen“ Entscheidungen und auch noch nach „gravierenden“ Widersprüchen zwischen Schiedsrichterentscheidung und Videoassistent unterschieden werden. Was ist gravierend und nicht gravierend ? Unterschiede werden definiert, die es gar nicht gibt, denn auch die faktische Entscheidung, etwa wo das Foul begangen wurde, Strafraum oder nicht im Strafraum, ist eine subjektive Bewertung. Gerade weil es Bewertungsprobleme immer geben wird, soll der Videobeweis helfen, die objektiven Fakten festzustellen. Auch die Auswahl danach, ob eine "klare Fehlentscheidung" vorliegt, ist unsinnig. Ob eine Fehlentscheidung vorliegt, kann erst nach der Auswertung des Videobeweises festgestellt werden. Und "klar" ist diese schon deshalb nicht, weil sie vom Schiedsrichter anders bewertet wurde als vom Videoassistenten, der das Video auswertet.

Mit den Definitionen des DFB wird so eine Auswahl getroffen, die unklar ist. Was mit dem Videobeweis überprüft wird, kann vom Zuschauer nicht mehr nachvollzogen werden.

So gibt es auch keine Erklärung im Stadion für die Zuschauer, warum eine Entscheidung geändert wird. Das ist nicht annehmbar, schließlich sind viele Bundesligastadien mit moderner Technik und großer Videowand ausgestattet. Wenn der Zuschauer nicht nachvollziehen kann, warum wichtige Entscheidungen getroffen werden, wird das zu Recht Wut und Ärger produzieren.

Update 12.11.17

Der DFB teilt mit, der Videobeweis solle nur bei "Wahrnehmungsfehlern" eingesetzt werde, es gehe nicht darum, Fehlentscheidungen des Schiedsrichters zu korrigieren. Ich dachte, es ging genau darum, wozu sonst gibt es einen Videobeweis ?

 

 

 

 

 

 

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